Artur Meeß, Dipl.-Ing., Charlottenburg, geb. 28. März 1889, Kaiserslautern, gef. 24. Juli 1915 bei Nieuport.

von saldenleander

18. Oktober 1914

Euer Schweigen in den letzten Tagen sowie das Ausbleiben von Nachrichten von Walter machten mich bang. Heute hörte ich, daß das 23. Infanterieregiment fast vollständig aufgerieben sei; gerade wollte ich mich hinsetzen, um Euch auf das Allerschlimmste gefaßt zu machen, da fand ich den Eilbrief mit Deiner Schrift, liebe Else – und wußte genug. In dem Moment empfand ich so recht, wie mir der treue liebe Kerl ans Herz gewachsen. Ach, wie gern hätte ich ihm nochmals die Hand gedrückt! Doppel lieb sind mir jetzt die Stunden, die ich mit ihm in Berlin zusammen war. Aber trauern, Herrgott, ja, es ist ein Riß im Herzen, aber jetzt, wo unser teures Vaterland in Not, mehr als vor hundert Jahren, ist da nicht jeder Tropfen Blut geheiligt, ist unser geliebter Walter nicht den schönsten, herrlichsten Tod gestorben, den man sich denken kann? Herrgott, wie ich ihn beneide, wie stolz ich auf ihn bin, wie ich mich danach sehne – verzeiht mir – auch fürs heißgeliebte Vaterland, für Kaiser und König bluten zu dürfen! Ihm ist das Glück zuteil geworden, sein letzter Gedanke war bei uns, und so wollen wir ihn im Herzen weitertragen als unseren Stolz, unseren Helden. Euch aber rufe ich zu: Kopf hoch, blickt um Euch, das Heiligste gilt es, dafür ist es das Beste als Opfer gerade gut genug; den Stolz im Antlitz, die Trauer im Herzen! Und eines wollen wir hoffen, das haben Walter und ich in Berlin uns beim Abschied gesagt: „Siegen, ja nur siegen!“